Die Entwicklung der Tarthuner Feuerwehr

von Werner Altmann und Susan Altmann

Die Geschichte des Tarthuner Feuerlöschwesens wird auch wie anders wo, durch den Menschen bestimmt, der sich vor den Feuersbrünsten zu schützen versuchte. In Tarthun können wir bis 1692 die Feuerwehrgeschichte zurückverfolgen.
Tarthun und das Feuer
Im Falle eines Brandes hatten sich die Gespannbesitzer und Löschmannschaften schnellstmöglich am Spritzenhaus auf dem Tarthuner Dorfplatz einzufinden. Hier wurde die Feuerspritze mit ihrem 120 Fuß (ca. 36 m) langen Schlauch aufbewahrt, die vom Glockengießermeister und Spritzenmacher Hellwerth aus Halberstadt am 23. November 1825 angefertigt wurde. 
Diese Feuerspritze kostete 302 Thaler, 29 Silbergroschen, 7 Groschen. Um die Feuerspritze möglichst schnell zur Brandstelle schaffen zu können, wurden die Gespannbesitzer laut Polizeiverordnung dazu verpflichtet, diese zu fahren. Im Archiv finden wir folgendes Schreiben:

Zum Spritzenfahren sind verpflichtet:

  1. Der Halbspänner Mathias Ehrling 
  2. Die Spitzspänner Ehrlings Erben, jetzt Otto mit Halbspänner Fr. Ehrling zusammen 
  3. Die Wittre Doebber zu Unseburg 
  4. Der Amtmann Christoph Ziemann 
  5. Der Gutsbesitzer Christian Deike 
  6. Oberamtmann Kauha in Egeln muss die Spritze 2 mal fahren 
  7. Halbspänner Friedrich Ehrling 

Den Personenwagen sind verpflichtet zu fahren:

Der Kossath August Bussenius 
Der Halbspänner Friedrich Ehrlings. Erben Andreas Böhme 
Der Kossath Westphal 
Der Kossath Christoph Landes 
Der Kossath Friedrich Behnecke 
Der Spitzspänner Wilhelm Sperling 
Der Gutsbesitzer Christian Deike 
Der Oeconom Hermann Hage 
Der Kossath Christoph Schmidt 
Der Spitzspänner Andreas Behnecke 
Den Wasserwagen fährt die Firma Schäper Bethge & Comp. für den Klosterhof, auch müssen
die Ladungsmannschaften von demselben gestellt werden.  

Hinweis:

Großspänner / Ackermann = 4
Pferde Halbspänner = 2
Pferde Spitzspänner = 1
Pferd Kossath / Kleinbauer = mit Kühen
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Das alte, kleine Spritzenhaus, das 1692 erstmalig in der Ortschronik erwähnt wurde, zierte viele Jahre lang eine einzigartige Inschrift, die aber leider nicht mehr zu bewundern war. Seit dem Jahr 2006 ist die Inschrift auf einem Findling vor dem Gerätehaus wieder zu bewundern.


Im " Heimatbuch des Kreises Wanzleben " von P. Baensch 1928, ist in der Abhandlung über Tarthun zu lesen:



"Ein Sprützenhaus werd ich jenant 
Ich diene Stadt und auch dem Landt 
Mit meiner Spruitz die hier verwart 
In Feuers Noth nach Ihrer Arth 
We dabey um Hulfe an 
So wirst du sehen was sie kan 
Gott sende denn sehr viele Jahr 
Das niemant Feuers unterfahr 
Indes der sie .... ub von Sund 
Dabei nicht Blitz und Donner cundt."

Aber nicht nur die Feuerspritze fand hier ihren Platz. Laut Polizeiverordnung hatte die Gemeinde noch weitere Löschgerätschaften bereitzuhalten. In einem Circulare (Rundschreiben) an den Gemeindevorsteher von Tarthun steht folgendes:

Circulare

§. 1. Jeder Hausbesitzer muß mit einem in brauchbaren Zustande befindlichen Feuereimer versehen sein, auf dem mit weißer Oelfarbe der Name der Ortschaft und die Nummer des Hauses angezeichnet ist.

§. 2. Jede Gemeinde muss sich im Besitze von 3 bis 4 großen und einer angemessenen Anzahl kleiner Feuerhaken, von 3 bis 4 großen Feuerleitern und einer gleichen Anzahl großer Wasserfässer oder Wasserkufen und ebensoviel Untersatzfässer befinden.

§. 3. Die Leitern müssen unten mit eisernen Stacheln und oben mit eisernen Haken versehen sein.

§. 16. Bei jeder Spritze müssen sich 4 lederne Feuereimer in brauchbaren Zustande befinden, welche im Spritzenkasten aufzubewahren sind.

§. 41. Jede Spritze muß so eingerichtet sein, daß erforderlichen Falles Schläuche angeschroben werden können. 

Wanzleben, den 8. October 1853 Der Königliche Landrath von La Viere 

Dass auch Tarthun vom Feuer schwer heimgesucht wurde, zeigen Dokumente, die in der Turmkugel der Tarthuner Kirche gefunden wurde:

18. 08. 1768

In diesem 1768 sten Jahr kam am 18. August Nachmittags gegen 4 Uhr ein Gewitter von Süd West, da der Blitz in ein Fuder Gersten nahe vor dem Thor bei dem Lämmerstalle fuhr und das Fuder, so dem Kloster Hof gehört, anzündete das sogleich in voller Flamme stand und verbrannte, die Meher, die eben vom Felde kamen, fielen den Pferden in die Zügel und hielten das brennende Fuder zurück, da es gar leicht hätte geschehen können, daß die herumfliegenden brennenden Korn Garben unsere Häuser und Zäune entzündet hätten. Knecht und Pferde sind unbeschädigt geblieben. Gottes erbarmendes Auge hat über uns gewacht. 

13. März 1837
(Dank und Bitte) 

Auch die hiesigen Abgebrannten sind nicht ohne menschenfreundliche Hilfe geblieben. Außer den milden Gaben von Einzelnen an Einzelne sind ihnen deren auch von ganzen Gemeinden zugeflossen, namentlich 

1) von der Gemeinde Unseburg 2 Scheffel Weizen, 1 Scheffel Roggen, 8 Scheffel Gerste, 11 Scheffel Hafer, 9 Bunde Heu, 1 Schock 42 Bunde Stroh,

2) von der Gemeinde Etgersleben 12 Scheffel Gerste und 12 Scheffel Hafer,

3) von der Gemeinde Atzendorf 1 Wispel 12,5 Scheffel Gerste und 5 Schock 20 Bunde Stroh. 

Indem ich dies zur öffentlichen Kenntnis bringe, fühle ich mich verpflichtet, im Namen der Abgebrannten den helfenden Menschenfreunden den aufrichtigen Dank zu sagen, und ihnen den Wunsch zu erkennen zu geben, daß der gütige Himmelvater schützend und segnend über ihren Häusern und Höfen walten möge! Zugleich fordert mich aber auch das fortdauernde Hülfsbedürfnis, welches durch einen anhaltenden Winter noch gesteigert werden möchte, auf, auch andere reich gesegnete, mitleidige Menschenfreunde freundlich bittend um eine liebevolle Gabe anzusprechen. 

Der Pastor Hauptmann
Tarthun den 8ten März 1837. 

Hinweis: In unserem Gebiet galten folgende Werte: 
1 Wispel = 1000 Kg 
1 Scheffel = ca. 55 Liter 
1 Schock = 60 Stück